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Handyverbot in Frankreich, neue Begründung aus USA


Das französische Parlament hat ein Verbot von Handys in Schulen beschlossen, berichtet ZEIT Online. Es verbietet grundsätzlich, Mobiltelefone in allen Vor- und Grundschulen sowie in der Sekundarstufe I zu benutzen. Es betrifft Kinder und Schüler im Alter von drei bis 15 Jahren. Gymnasien haben die Möglichkeit, ebenfalls ein Handyverbot einzuführen.

Verfechter des neuen Gesetzes argumentierten laut tagesschau unter anderem, die Handynutzung störe die Aufmerksamkeit im Unterricht und das Schulkklima und reduziere die körperliche Betätigung auf den Schulhöfen. Kritiker des Verbots erklärten dagegen, die bisherige Regelung sei ausreichend gewesen. Sie warnten zudem vor "logistischen Problemen und den Kosten" für die Aufbewahrung der Handys. Knapp neun von zehn französischen Jugendlichen zwischen zwölf und 17 Jahren besitzen nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP ein Smartphone.

Das dürfte die Debatte in Deutschland befeuern. Wie bestellt passt dazu ein Bericht von Inside Higher ED, der sich auf eine Veröffentlichung bei Educational Psychology stützt. Darin wird der Meinung vieler Schüler und Studenten nachgegangen, sie seien Multitasking-fähig, heißt: man kann auch mit geteilter Aufmerksamkeeit gut oder sogar besser lernen. In der Studie wurden 118 Studentinnen und Studenten in Gruppen mit und ohne Benutzung von Handy und Laptop aufgeteilt. Während des Unterrichts, nach 5-28 Stunden und nach 5 Tagen - 3 1/2 Monaten wurden Multiple Choice Fragen zum Unterrichtsinhalt gestellt. Die Resultate waren gleich bei Abfragen während des Unterrichts, leicht, aber nicht signifikant schlechter in der Kurzphase, aber hochsignifikant schlechter für die Handy/Laptop-User Gruppe im Langzeitgedächtnis. Die Studenten waren sich der schlechteren Leistungen nicht bewusst.

Das Ergebnis zeigt: Geteilte Aufmerksamkeit beeinträchtigt nicht nur die Beziehung zwischen Lehrer und Schülern oder unter Schülern sondern auch die Lernleistungen, ohne dass sich die Schüler und Studenten dessen bewusst sind. "Dividing attention between an electronic device and the classroom lecture did not reduce comprehension of the lecture, as measured by within-class quiz questions. Instead, divided attention reduced long-term retention of the classroom lecture, which impaired subsequent unit exam and final exam performance. Exam performance was significantly worse than the no-device control condition both for students who did and did not use electronic devices during that class." Der Autor Glass ist jedoch nicht zuversichtlich, was den Rat an die Lehrer anbelangt, Handy & Co. aus dem Klassenzimmer zu bannen: "They want to maintain an atmosphere where the class views them as their friend and entertainer, so I don’t really expect instructors to follow my advice." Dann muss es wohl doch ein politischer Beschluss richten, so wie jetzt in Frankreich. Aber müssen sich Pädagogen nicht schämen, wenn Politiker pädagogisch relevante Gesetze erlassen?

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