Treibt Motorik die Sprachentwicklung an? Das ist die Frage, die in einem Interview mit Prof. Renate Zimmer bei Frühe Bildung online gestellt wird. Im Verlauf des Interviews kommt das Fragezeichen abhanden. Es scheint wohl: Bewegung fördert Sprache. Oder doch nicht? Sind Batman oder Profifussballer besonders sprachbegabt? Sind körperbehinderte Kinder, deren Beine gelähmt sind, auch in der Sprachentwicklung behindert?
"Kinder entfalten ihr Sprachpotential im sozialen Kontext, im Austausch mit anderen – mit Kindern und Erwachsenen", sagt Renate Zimmer. "Sie entwickeln es aber auch in Handlungszusammenhängen, die ihnen selbst wichtig erscheinen, die ihre eigenen Interessen berühren. Dazu gehört die Bewegung – für Kinder Ausdruck ihrer Lebensfreude und Agilität."
In der gegenwärtigen Forschung ist unbestritten: Sprachentwicklung entfaltet sich zunächst im Zusammenspiel zwischen angeborenen Fähigkeiten, auditiver Wahrnehmung, Sprachverständnis und Handlungsverständnis, später auch mit der Sprachproduktion. Im Mosaik des Erlernens von Sprache spielen unterschiedliche Faktoren eine Rolle: Imitation, kognitive Fähigkeiten, emotionale und soziale Faktoren, auch motorisches Lernen. Aber: Keine Komponente ist dominierend im Spracherwerb.
Zurecht weist Renate Zimmer dauf hin, dass sich Sprache in Handlungszusammenhängen entwickeln kann (in Interaktionen, möchte man ergänzen), aber nur dann, wenn die Handlung von Sprache begleitet ist. Handlung allein reicht nicht. Und sie gibt ein Beispiel: "Ein Ball fordert zum Handeln auf, zum Spiel und zum Erproben, allein oder gemeinsam mit anderen. Dabei gibt es aber auch eine Reihe von Sprachanlässen: Man kann ihn rollen, werfen, fangen, ihn auf ein Tor schießen – Bewegungsverben werden im Handeln erfahren, gleichzeitig wird nicht nur der Wortschatz sondern auch die Wortbedeutung geübt. Grammatikalische Regeln werden nebenbei aufgenommen und prägen sich ein: Ich werfe den Ball, du wirfst den Ball zurück, der Ball wird gerollt – aktive und passive Formen, Verbflexionen und Artikelgebrauch – so schwierig die deutsche Grammatik auch scheint, beim Spiel mit dem Ball wird sie fast „nebenbei“ erfahren." Wenn ich Eltern oder Pädagogen beim Ball spielen mit Kindern zuschaue, finde ich gerade das Gegenteil: Die Aufmerksamkeit ist fokussiert auf das Erreichen des motorischen Ziels. Die Personen verstummen. "Nebenbei" wird weder Wortschatz noch Grammatik erlernt. Die meisten Personen (auch Fachkräfte) müssen handlungsbegleitende Sprache erst noch lernen. Motorik ist also nur ein Mosaikstein, - und sicher nicht der entscheidende.
In einem Vortrag von 2014 („Sprache in Bewegung - Alltagsintegrierte Sprachbildung und Beobachtung in der Kita") weist Renate Zimmer selbst darauf hin, wie wichtig die Qualifizierung pädagogischer Fachkräfte dabei ist. Wenn schon die bisherigen Programme der Sprachförderung im Vorschulalter ineffektiv sind (Roos, Polotzek & Schöler, 2010), wird es umso wichtiger sein, die Bewusstheit für Sprache allgemein und die Bewusstheit der eigenen Sprache im Besonderen in den Fokus zu richten. Leider glauben allzu viele Fachkräfte, dass Bewegungsförderung ein besonders wichtiger Faktor für die Sprachentwicklung sei, auch durch ein verkürztes Verständnis der Aussagen von Frau Zimmer. Ihr Argument, dass es wissenschaftlich gesichert sei, dass Bewegung Sprache fördere, ist bei kritischer Betrachtung ihrer Veröffentlichung kaum zu halten. Bewegung fördert also nicht die Sprache, allenfalls die Sprache während einer Bewegung, wenn man denn beim Bewegen spricht. "Die Wissenschaft, die ist und bleibt, was einer ab vom anderen schreibt", sagt Eugen Roth. Dann müsste das Abschreiben und Behaupten der Überschrift bald einmal aufhören oder das Fragezeichen sollte zu weiteren Fragestellungen überleiten.
"Kinder entfalten ihr Sprachpotential im sozialen Kontext, im Austausch mit anderen – mit Kindern und Erwachsenen", sagt Renate Zimmer. "Sie entwickeln es aber auch in Handlungszusammenhängen, die ihnen selbst wichtig erscheinen, die ihre eigenen Interessen berühren. Dazu gehört die Bewegung – für Kinder Ausdruck ihrer Lebensfreude und Agilität."
In der gegenwärtigen Forschung ist unbestritten: Sprachentwicklung entfaltet sich zunächst im Zusammenspiel zwischen angeborenen Fähigkeiten, auditiver Wahrnehmung, Sprachverständnis und Handlungsverständnis, später auch mit der Sprachproduktion. Im Mosaik des Erlernens von Sprache spielen unterschiedliche Faktoren eine Rolle: Imitation, kognitive Fähigkeiten, emotionale und soziale Faktoren, auch motorisches Lernen. Aber: Keine Komponente ist dominierend im Spracherwerb.
Zurecht weist Renate Zimmer dauf hin, dass sich Sprache in Handlungszusammenhängen entwickeln kann (in Interaktionen, möchte man ergänzen), aber nur dann, wenn die Handlung von Sprache begleitet ist. Handlung allein reicht nicht. Und sie gibt ein Beispiel: "Ein Ball fordert zum Handeln auf, zum Spiel und zum Erproben, allein oder gemeinsam mit anderen. Dabei gibt es aber auch eine Reihe von Sprachanlässen: Man kann ihn rollen, werfen, fangen, ihn auf ein Tor schießen – Bewegungsverben werden im Handeln erfahren, gleichzeitig wird nicht nur der Wortschatz sondern auch die Wortbedeutung geübt. Grammatikalische Regeln werden nebenbei aufgenommen und prägen sich ein: Ich werfe den Ball, du wirfst den Ball zurück, der Ball wird gerollt – aktive und passive Formen, Verbflexionen und Artikelgebrauch – so schwierig die deutsche Grammatik auch scheint, beim Spiel mit dem Ball wird sie fast „nebenbei“ erfahren." Wenn ich Eltern oder Pädagogen beim Ball spielen mit Kindern zuschaue, finde ich gerade das Gegenteil: Die Aufmerksamkeit ist fokussiert auf das Erreichen des motorischen Ziels. Die Personen verstummen. "Nebenbei" wird weder Wortschatz noch Grammatik erlernt. Die meisten Personen (auch Fachkräfte) müssen handlungsbegleitende Sprache erst noch lernen. Motorik ist also nur ein Mosaikstein, - und sicher nicht der entscheidende.
In einem Vortrag von 2014 („Sprache in Bewegung - Alltagsintegrierte Sprachbildung und Beobachtung in der Kita") weist Renate Zimmer selbst darauf hin, wie wichtig die Qualifizierung pädagogischer Fachkräfte dabei ist. Wenn schon die bisherigen Programme der Sprachförderung im Vorschulalter ineffektiv sind (Roos, Polotzek & Schöler, 2010), wird es umso wichtiger sein, die Bewusstheit für Sprache allgemein und die Bewusstheit der eigenen Sprache im Besonderen in den Fokus zu richten. Leider glauben allzu viele Fachkräfte, dass Bewegungsförderung ein besonders wichtiger Faktor für die Sprachentwicklung sei, auch durch ein verkürztes Verständnis der Aussagen von Frau Zimmer. Ihr Argument, dass es wissenschaftlich gesichert sei, dass Bewegung Sprache fördere, ist bei kritischer Betrachtung ihrer Veröffentlichung kaum zu halten. Bewegung fördert also nicht die Sprache, allenfalls die Sprache während einer Bewegung, wenn man denn beim Bewegen spricht. "Die Wissenschaft, die ist und bleibt, was einer ab vom anderen schreibt", sagt Eugen Roth. Dann müsste das Abschreiben und Behaupten der Überschrift bald einmal aufhören oder das Fragezeichen sollte zu weiteren Fragestellungen überleiten.
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