Ca. 1,5 Milliarden Menschen sprechen Chinesisch, viele von ihnen lernen Englisch. Von den in Deutschland studierenden Ausländern kommen 40.000 aus China. In Deutschland hingegen lernen nur 5.000 Schüler Chinesisch, eine Zahl, die seit 2012 stagniert. Chinesisch gilt daher als "kleine" Sprache, im Gegensatz zu den "großen" Sprachen Englisch und Französisch. Diesem Problem nimmt sich Georg Blume bei Spiegel ONLINE an.
Der Fachverband Chinesisch macht die deutsche Bildungspolitik verantwortlich: "Das Problem besteht in erster Linie im föderalen System Deutschlands, wo jedes Bundesland eigene Rahmenpläne und Ausbildungsstrukturen entwickeln muss", sagt Andreas Guder, der Vorsitzende des Vereins. Er selbst treffe in den zuständigen Landesbehörden selten Personen, die bereit seien, sich auf das Schulfach Chinesisch einzulassen, stattdessen gebe es "in vielen Bundesländern große Berührungsängste auf der administrativen Seite", so Guder, der an der Uni Göttingen Sinologie unterrichtet.
Studien zeigen, dass Chinesisch-Unterricht in Deutschland, wo er denn stattfindet, sehr erfolgreich ist. Viele Chinesisch-Schüler, so Frenzel, würden das Niveau B2 erreichen, nur eine Stufe unter dem, was man in der Regel von einem Studienabgänger im Fach Sinologie erwartet. Döring von der FU Berlin überrascht das nicht: "Es ist ein Mythos, Chinesisch sei besonders schwer zu lernen. Das ist ... eine Frage des Lerntyps und der Lehrkompetenz."
Studiengänge in Göttingen, Tübingen und Bochum bieten ein Chinesisch-Studium für künftige Lehrer an. 30 neue Chinesisch-Lehrer werden so pro Jahr ausgebildet. Das reicht, wenn wie bisher nur ein paar tausend Schüler Chinesisch wählen wollen. Nur 500 neue Sinologiestudenten zählt ganz Deutschland pro Jahr.
Doch: "Wenn wir fast alle kein Chinesisch sprechen, überlassen wir die Interpretation, Verständigung und Deutung alles Chinesischen den Chinesen", warnt Döring. Die Ursachenforschung für das geringe China-Interesse junger Deutscher steht noch aus. "Das Chinabild selbst trägt nicht gerade zur Motivation von Lehrern und Schülern bei, sich die Mühe zu machen", mutmaßt Döring. Es herrsche ein allgemeines Unwissen bis hin zu Furcht vor dem Land. Experte Guder formuliert es so: "Das Bild Chinas in der deutschen Öffentlichkeit wird seiner Bedeutung für die Weltwirtschaft des 21. Jahrhunderts nicht gerecht."
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